Das Geheimnis von Hof Scharrlberg

 

Es geht bergauf, dachte ich, als ich im Mai 2024 mit prallvollem Koffer und Rucksack den Scharrlberg erklomm. Nicht nur, dass ich zu den ersten drei Stipendiaten gehörte, die auf dem Scharrlhof, dem Gelände der „Atelierstiftung Kunst und Natur“, vier Wochen lang ihre Kunst verwirklichen konnten – es war auch meine erste Künstler-Residenz überhaupt. Hohe Erwartungen hatte ich, wenige Befürchtungen und einen soliden Arbeitsplan.

Natürlich kam alles anders: Die Erwartungen erfüllten sich tatsächlich, die Befürchtungen nicht und der Arbeitsplan war schon am zweiten Tag Makulatur. Aus dem mir als Keramiker noch unvertrauten Material Papier wollte ich eine anspruchsvolle Plastik modellieren, doch, wie sich herausstellte, war der Weg dorthin mit demselben Kopfstein gepflastert wie die Einfahrt zum Scharrlhof. In einem herrlich geräumigen Atelier musste ich ein ums andere Mal konstatieren, dass mein Werkstoff mit engem Sinn keineswegs so wollte wie ich. Um es vorwegzunehmen: Der Künstler blieb hartnäckig.

 

Die beiden Vorstände der Stiftung, die gleichzeitig als Gastgeber fungierten, begleiteten den aufreibenden Schaffensprozess aufmerksam, freundlich und hilfsbereit. Notwendiges Werkzeug, das ich zu Hause vergessen hatte, stellten sie aus ihren gut sortieren Beständen wie selbstverständlich zur Verfügung. Unaufdringlich und mit Humor gewürzt, stärkten sie mir so den Rücken.

Überhaupt, das gesamte Ambiente, das mir und meinen beiden Mitstipendiatinnen zur Verfügung stand, war ein echtes Paradies: ein Park-Areal mit blühenden Rhododendron-Gebirgen, mehr als einhundert verschiedenen Baumarten, lauschigen Sitzecken und meinem Lieblingsplatz, einem Teich, an dem die Frösche gern mit mir Konversation pflegten. Daneben ausgedehnte Waldflächen, große Gebäude mit den Ateliers darin und für jeden von uns ein praktisch eingerichtetes Zimmer für die Nacht.

Foto Markowski

Nichts musste, alles ging. Der Austausch mit den Mitstipendiatinnen war anregend, wenn es um die Kunst ging, fröhlich bei diversen gemeinsamen Abendessen und kollegial, wenn es ums Miteinander ging. Eine wahrlich intensive, inspirierende Zeit, die zu Ende ging mit einer Ausstellung aller Kunstwerke, die auf dem Scharrlberg geschaffen worden waren. Meine Plastik aus Papier war darunter. Ich habe sie „Arcanum“ genannt, Geheimnis, und hinzugefügt: „Das Ende der Erkenntnis. Ein Anfang…“

 

Frank Markowski

 

 

www.keramik-objektkunst.de

Foto Markowski